Informationen zur Tour
Der Dolomiten-Höhenweg 1 (italienisch Alta Via delle Dolomiti n. 1) – oft auch als der klassische Weg bezeichnet – ist der älteste und längste von insgesamt zehn Dolomiten-Höhenwegen. Vom schönen Pragser Wildsee im Pustertal führt er bis nach Belluno in Venetien und durchquert dabei so eindrucksvolle Berggruppen wie die Pragser Dolomiten, die Fanesgruppe oder die Civetta. Unterwegs begegnet man bis heute den Zeugnissen des Ersten Weltkrieges: Schützenstellungen mit rostigem Stacheldraht, tiefe Stollen und in den Fels gehauene Unterstände. Mit Ausnahme der letzten Etappe, die über den Màrmol-Klettersteig führt und neben Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und Ausdauer auch etwas Kletterkönnen erfordert, ist der Weg relativ einfach zu begehen. Wanderer, die sich diese Etappe nicht zutrauen, können diese umgehen oder die Tour einfach abkürzen.
Land: Italien
Ausgangspunkt: Pragser Wildsee, Südtirol (I)
Zielort: Belluno, Venetien (I)
Dauer: ungefähr 13 Tage
Länge: ca. 150 Kilometer
Wanderzeit: Mitte Juni bis Mitte September
Inhaltsverzeichnis
Vom Pragser Wildsee bis zur Fanes-Hütte
Eine Woche auf dem aussichtsreichen Dolomiten-Höhenweg 1 liegt vor mir. Vom schönen Pragser Wildsee im Pustertal werde ich bis zum Passo Duran wandern.
Nach einem üppigen Frühstück schnappe ich mir meinen Rucksack und verlasse das Hotel. Direkt hinter dem imposanten Gebäude aus grauem Stein liegt er da, der Pragser Wildsee. In einer kleinen Mulde und umgeben von dunklen Fichten.
Das smaragdgrüne Wasser schimmert in der Sonne. Dahinter ragt das Massiv des Seekofels (2.810 m) in die Höhe.
Still ist es so früh am Morgen. Nur ein paar Enten schnattern am Ufer. Kaum zu glauben, dass es hier gestern, als ich nach meiner Ankunft eine kleine Wanderung um den See unternommen habe, von Touristen nur so gewimmelt hat.
Kirmes-Stimmung pur! Ich setze mein Stirnband auf und baue meine Stöcke zusammen.
Gerade als ich mich auf den Weg machen will, sehe ich in der Ferne schon die ersten Ausflugsbusse die Straße zum See entlangrollen. Na, das nenne ich doch mal ein perfektes Timing. Nichts wie los!
Zunächst schlendere ich noch gemütlich am Seeufer entlang, doch schon bald sind die ersten Schilder, die den Dolomiten-Höhenweg 1 markieren, zu sehen und der steile Aufstieg zur Sora al Forn-Scharte (2.388 m) beginnt. Über Geröll geht es zünftig bergauf.
Schon nach kurzer Zeit ist mein T-Shirt klitschnass. Schwerfällig stapfe ich weiter. Vielleicht hätte ich mir das Stück Marmorkuchen verkneifen sollen, das ich nach zwei belegten Toastscheiben, einer kleinen Schale Schokopops und zwei Tassen Kaffee verdrückt habe. Ich lerne einfach nicht dazu! Aber wer kann schon Nein sagen, wenn er morgens einem so reichhaltigen Frühstücksbuffet gegenübersteht?
Oben angekommen atme ich erst einmal tief durch und werfe einen letzten Blick hinunter auf den See. Der Weg schlängelt sich nun zwischen großen Steinbrocken hindurch. Die Sonne brennt. Nach einem leichten Abstieg komme ich an der kleinen Seekofel-Hütte (2.325 m) vorbei, die hier einsam in der Landschaft steht. In ihrem Schatten ruhe ich mich kurz aus, nehme einen kräftigen Schluck aus meiner Flasche und mache mich dann wieder auf den Weg.
Über die grüne und weitläufige Sennes-Hochfläche wandere ich auf einfachen Pfaden weiter zur Sennes-Hütte (2.116 m).
Ich suche mir einen freien Platz auf der gutbesuchten Terrasse und bestelle mir eine kalte Apfelschorle und ein paar fettige Pommes frites. Die habe ich mir jetzt redlich verdient.
Nach meiner Mittagspause führt mich eine Schotterpiste steil hinunter nach Pederü (1.545 m). Dort lege ich eine kurze Kaffeepause ein und mache mich anschließend auf den Weg hinauf zur schön gelegenen Fanes-Hütte (2.060 m), wo ich die kommende Nacht verbringen werde. Nach einer Dusche sitze ich noch eine Weile vor der Hütte in der Sonne, schreibe in meinem Tagebuch und lasse den ersten Wandertag dann gemütlich bei einer Portion Gnocchi mit Käsesoße und einem cremigen Tiramisu ausklingen.
Von der Fanes-Hütte bis zum Rifugio Lagazuoi
Am nächsten Morgen ist es bewölkt und neblig. Vor der Hütte ziehe ich schnell einen leichten Fleecepulli über mein Shirt, setze meinen Rucksack auf und mache mich auf die Socken. Ein breiter Schotterweg führt mich durch sattgrüne Wiesen. Nach einer Weile komme ich an einem kleinen See und einer Alpe aus dunklem Holz vorbei. Überall laufen Kühe, Pferde
und struppige Esel frei herum, die ich natürlich alle ausgiebig streicheln muss.
Nach einem kurzen Aufstieg erreiche ich schon bald das Limojoch (2.172 m) und gelangen über die Fanes-Hochfläche zum Passo di Lago (2.480 m). Von hier oben kann ich bereits den Lago Lagazuoi (2.182 m) erkennen. Doch bevor ich dort unten am Ufer des Sees eine Mittagspause einlegen und mein mitgebrachtes Lunchpaket, das ich mir am Tag zuvor in der Fanes-Hütte bestellt habe, auspacken kann, geht es steil und steinig in weitläufigen Serpentinen hinunter.
Vorbei an einigen Schützenstellungen aus dem Ersten Weltkrieg wandere ich am Nachmittag über weite Geröllfelder und die Forcella Lagazuoi (2.573 m) hinauf auf den Gipfel des Kleinen Lagazuoi (2.752 m). Dort oben steht auch das gleichnamige Rifugio, in dem ich heute übernachten werde. Der Ausblick von hier ist sensationell. Nach einem Cappuccino und einem großen Stück Apfelstrudel mache ich noch einen kleinen Abstecher zum Gipfelkreuz. Zum Abendessen bestelle ich mir ein leckeres Risotto und ein paar gefüllte Knödel. Danach sitze ich noch lange vor der Hütte und genieße den grandiosen Sonnenuntergang.
Vom Rifugio Lagazuoi bis zum Rifugio Croda da Lago
Es dämmert gerade. Auf der Terrasse vor dem Rifugio Lagazuoi wühle ich in meinem Rucksack und suche nach meiner Stirnlampe, die ich gleich für den Abstieg durch den spiralförmigen Felsentunnel benötigen werde. Langsam geht hinter mir die Sonne auf und taucht das dichte Wolkenmeer, das um die Bergspitzen wabert, in ein zartes Rosa.
Aufgeregt mache ich mich auf den Weg. Ich habe ein wenig Platzangst und keine Ahnung wie lange und vor allem wie eng der in den Fels gehauene Tunnel sein wird, der mich hinunter zum Passo Falzarego (2.105 m) führt. Kurz überlege ich, mit der Seilbahn ins Tal zu fahren, verwerfe den Gedanken aber schnell wieder. Mogeln gilt nicht! Ich hatte mich ja für diese Wanderung entschieden, weil sie neben wunderschönen Landschaften eben auch einen Einblick in die Geschichte gewährt.
Ich befinde mich nämlich hier oben direkt an der einstigen Frontlinie, wo man bis heute den Zeugnissen des Ersten Weltkrieges begegnet: Schützenstellungen mit rostigem Stacheldraht, graue Säcke, tiefe Stollen und in den Fels geschlagene Unterstände. Sogar einige alte Holzmöbel und Geschirr gibt es in einer kleinen Höhle zu bestaunen.
Am Eingang des Tunnels ist schon einiges los. Stirnlampen werden aus den Rucksäcken gekramt, aufgesetzt und angeknipst. Dann geht es in den dunklen Schlund hinein. Die Felswände sind kalt und nass, der Boden verdammt klitschig. Steil geht es hinab. Nach einer gefühlten Ewigkeit sehe ich die ersten Lichtstrahlen am Ende des Tunnels. Geschafft!
Draußen atme ich erst einmal tief durch, dann geht es über Wiesenwege, knarzige Wurzelpfade und ein kleines Wäldchen weiter zum Rifugio Scoiattoli (2.255 m). Die gutbesuchte Hütte steht in unmittelbarer Nähe zu den Cinque Torri, den fünf imposanten Türmen, die hier in die Höhe ragen. Ich bestelle mir am Tresen einen Kaffee, eine große Apfelschorle und ein belegtes Brötchen und mache es mir auf der Terrasse gemütlich.
Anschließend führt mich ein steiler, kunstvoll zwischen hohen Felswänden angelegter Steig zum Passo di Giau (2.236 m). Über aussichtsreiche Wege und die Scharten Giau (2.360 m) und Ambrizzola (2.277 m) gelange ich am späten Nachmittag zum traumhaft gelegenen Rifugio Croda da Lago (2.046 m), meinem heutigen Etappenziel.
Zum Abendessen gibt es einen bunten Salat, Spaghetti mit viel Knoblauch und eine Portion Joghurt mit Honig und Nüssen. Danach sitze ich noch eine Weile an dem kleinen See neben der Hütte und fülle mein Tagebuch mit den heutigen Erlebnissen. Das war ein langer und anstrengender, aber auch wunderschöner Tag.
Vom Rifugio Croda da Lago bis zum Rifugio Coldài
Vom schönen Rifugio Croda da Lago steige ich schon zeitig wieder hinauf zur Forcella Ambrizzola (2.277 m). Dort beginnt meine aussichtsreiche Höhenwanderung am mächtigen Massiv des Monte Pelmo (3168 m). Unterwegs treffe ich auf einige schwarz glänzende Alpensalamander (Salamandra atra), die ich eine Weile beobachte. Der Weg ist zunächst sehr steinig, führt mich aber dann durch eine grüne und hügelige Landschaft.
Nach einer kurzen Rast geht es über einen breiten Forstweg und einige Zeit später über schräg abfallende Geröllfelder zum Passo Staulanza (1.766 m), wo ich in einem Gasthof meine wohlverdiente Mittagspause einlege.
Am Nachmittag komme ich zu einer Malga, einer alten Hütte, hinter der es über einen Wiesenhang steil bergauf geht.
Ich kämpfe mich durch eine Herde frei laufender und sehr neugieriger Ziegen und erreiche eine weite Ebene. Die letzte Etappe des heutigen Tages hat es noch einmal in sich und bringt mich mächtig ins Schwitzen. Über steinige Pfade geht es hinauf zum Rifugio Coldài (2135 m).
Oben angekommen ziehe ich sofort meine Wanderstiefel aus, bestelle mir ein kaltes Bier, ein Birra Dolomiti, und mache es mir vor der Hütte auf einer der Holzbänke bequem. Später gibt es zum Abendessen ein deftiges Kartoffelgratin und eine leckere Beerencreme.
Erledigt liege ich danach im Matratzenlager und möchte eigentlich nur noch schlafen. Eigentlich, denn zwei streitlustige Damen scheinen etwas dagegen zu haben und keifen sich lauthals durch den gesamten Schlafsaal an. Licht an, Licht aus. Rucksack auf, Rucksack zu. Ich bin ja wirklich hart im Nehmen, aber irgendwann reicht es auch mir. Da ich keine Lust auf eine völlig unnötige Diskussion habe, schnappe ich mir einfach meine sieben Sachen und suche mir eine freie Matratze in einem anderen Lager. Zum Glück ist die Hütte nicht voll besetzt. Ah, endlich Ruhe! Zufrieden bette ich mein müdes Haupt auf ein kariertes Kissen.
Vom Rifugio Coldài bis zum Rifugio Carestiato
Ich breche sehr früh auf. Ein langer Wandertag liegt vor mir. Von der Terrasse des Rifugio Coldài genieße ich noch einmal für einen kurzen Moment den traumhaften Ausblick hinüber zum imposanten Monte Pelmo (3168 m). Dann mache ich mich an den Aufstieg zur Forcella Coldài (2.191 m), der direkt hinter der Hütte beginnt. In Kehren geht es steil nach oben.
Auf der anderen Seite der Scharte wandere ich hinunter zum malerisch gelegenen Lago di Coldài und dann durch das Geröll immer weiter an der schroffen Nordwand des Civetta Massivs entlang. Durch das Val Civetta führt mich ein Pfad schließlich zum Rifugio Vazzoler (1.714 m).
Nach einer ausgiebigen Mittagspause beginnt der Aufstieg zur Forcella del Camp (1.933 m). Immer wieder wechseln sich
jetzt schmale Wurzelpfade und Schotterwege ab. Der Aufstieg über die groben Steine geht ganz schön in die Oberschenkel.
Die gigantische Aussicht und die beeindruckende Dolomitenlandschaft mit den gewaltigen Felsformationen von Torre Venezia und Torre Trieste lassen mich die Anstrengungen aber schnell vergessen. Schon von Weitem kann ich meine
heutige Unterkunft, das Rifugio Carestiato (1.834 m), erkennen, doch der Weg dorthin zieht sich.
Ziemlich spät erreiche ich die kleine Hütte und bekomme einen Schlafplatz in einem Vierbettzimmer zugewiesen.
In dem engen und gemütlichen Speisesaal bestelle ich mir eine Lasagne und einen großen gemischten Salat.
Zum Nachtisch gibt es eine Portion Joghurt mit eingelegten Kirschen.
Vom Rifugio Carestiato bis zum Passo Duran
Der letzte Abschnitt meiner Wanderung auf dem Dolomiten-Höhenweg 1 führt mich vom Rifugio Carestiato durch den
Wald und über matschige Wurzelpfade steil hinab zum Passo Duran (1.601 m). Mit dem Bus soll es von hier zurück zum Ausgangspunkt gehen. Ich setzte mich auf einen Stapel Holzpaletten und warte. Die Glocken der grasenden Kühe bimmeln rhythmisch im Wind. Viel zu schnell ist auch diese Bergtour wieder zu Ende gegangen. Ich drehe mich noch einmal um und werfe einen letzten Blick hinauf zu den majestätischen Berggipfeln der Dolomiten, die hinter dem dunklen Wäldchen emporragen.
Warst du auch schon einmal zum Wandern in den Dolomiten? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
Hinweis: Diese Bergtour war eigenfinanziert, jedoch enthält dieser Artikel unbezahlte Werbung durch Markenerkennung/Markennennung, werbende Inhalte und/oder Werbelinks*. Mehr zum Thema Werbung auf meinem Blog liest du hier.
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3 Comments
Hallo Jane,
ich plane auch kommenden Sommer den Dolomiten Höhenweg 1 bis zum Passo Duran zu machen.
Welche Busse hast du am Ende genommen um zum Ausgangspunkt zurück zu gelangen und musste man die Tickets im Voraus kaufen?
Viele Grüße,
Melanie
Hallo Melanie,
so genau weiß ich das leider nicht mehr. Ich hab jetzt mal meine Kiste mit Souvenirs, Postkarten und alten Tickets durchgesehen und habe drei Busfahrkarten gefunden. Also, das dürften die Buslinien 30, 445 und 442 gewesen sein. Ich weiß noch, dass ich zweimal umsteigen und dazwischen sehr lange warten musste. Die Rückfahrt hat sich insgesamt so ungefähr fünf Stunden hingezogen. Tickets habe ich jeweils im Bus gekauft. Frag doch mal bei der Touristeninformation am Pragser Wildsee nach, die müssten eigentlich am besten wissen, wie du wieder zurückkommst. Die Adresse dazu findest du in diesem Blogartikel.
Liebe Grüße und eine schöne Tour
Jane
Hallo Jane,
erst einmal ein frohes neues Jahr. Ich hoffe du bist gut reingekommen und bis jetzt Gesund geblieben. Wieder mal ein schöner Bericht und tolle Bilder. Hast du die Tour selber geplant oder bist du mit der Oase unterwegs gewesen?, die bieten den Dolomiten Höhenweg ja auch an. Ich werde jetzt mal so langsam wieder anfangen zu Trainieren damit ich bei unserer Tour im Sommer keinen Esel brauche der mich auf den Berg bringt. Ich hoffe das ich auch noch die eine oder andere kleine Tour vorher in Angriff nehmen kann.
Viele Grüße
Oliver