Auf einem klapprigen Fahrrad, das ich mir für meine Besichtigung ausgeliehen habe, radle ich durch die imposante Tempelanlage von Khajuraho im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh.
Mit ihren kunstvollen und detailreichen Steinmetzarbeiten gehört die gut erhaltene Anlage nicht nur zum UNESCO-Welterbe, sondern zählt auch zu den bedeutendsten Kunstwerken ganz Indiens. Unterteilt ist sie in eine westliche, eine östliche und eine südliche Gruppe, die ich nach und nach abfahren werde.
Der Legende nach wurde vor mehr als 1000 Jahren Hemvati, die schöne Tochter eines Brahmanenpriesters, beim Baden in einem Teich vom Mondgott verführt.
Aus dieser Verbindung entstammte Chandravarman, der Begründer der Rajputen-Dynastie der Chandella, die zwischen 950 und 1050 n. Chr. den Nordwesten Indiens beherrschte und insgesamt 85 Tempel in Khajuraho errichten ließ.
Von den 85 Tempeln haben 25 die Jahrhunderte überdauert und können heute besichtigt werden. Wahrscheinlich sind sie wegen ihrer abgeschiedenen Lage mitten in einem kleinen Wäldchen von Zerstörungen weitgehend verschont geblieben.
Die Tempel mit ihren spitz zulaufenden Türmen, die von Weitem wie überdimensionale Bienenkörbe aussehen, sind vor allem wegen ihrer zahlreichen erotischen Skulpturen bekannt, denn im Hinduismus ist Sexualität und Fruchtbarkeit ein Ausdruck des Göttlichen.
Die Anlage hat allerdings weit mehr zu bieten. So stellen andere Skulpturen Götter in verschiedenen Inkarnationen oder Fabelwesen dar und lange Friese bilden Jagdszenen oder Prozessionen mit Elefanten und Pferden ab. Besonders schön anzuschauen sind die himmlischen Schönheiten, auch Surasundari oder Apsara genannt, die tanzend, sich schminkend
mit einem Spiegel in der Hand oder sich die Füße mit Henna bemalend dargestellt sind.
Die Tempelgruppen
Meine rostige Fahrradklingel scheppert, als ich über das unebene Pflaster zur westlichen Tempelgruppe holpere.
Gleich hinter dem Eingang treffe ich auf fünf Tempel, von denen der Lakshmana-Tempel besonders beeindruckend ist.
Er ist der Gottheit Vishnu geweiht und als einziger Tempel fast vollständig erhalten.
In seinem innersten Heiligtum (Garbagriha) steht eine Vishnu-Skulptur mit Löwen- und Eberkopf. Den hohen Sockel zieren eindrucksvolle Friese mit Jagd- und Kriegsszenen und am Eingang zum Hauptschrein sind verschiedene Inkarnationen Vishnus abgebildet.
Gegenüber steht der kleine Varaha-Tempel, in dem Vishnu in seiner dritten Erscheinungsform als riesiger Eber Varahavatara dargestellt ist.
Mein Weg führt mich weiter zu den auf einer gemeinsamen Plattform errichteten Heiligtümern Kandariya-Mahadeva, Mahadeva und Jagadambi.
Der prachtvolle Kandariya-Mahadeva-Tempel mit seinen zahlreichen erotischen Darstellungen gilt als größter und schönster Tempel in Khajuraho und markiert den Höhepunkt der Chandella-Architektur.
In der Mitte der Plattform befinden sich die Ruinen des ehemaligen Shiva-Tempels Mahadeva. Der Jagadambi-Tempel daneben war ursprünglich dem Gott Vishnu geweiht, später wurde er der Gemahlin des Gottes Shiva, Parvati zugeordnet.
Auf dem Weg zum Ausgang schaue ich mir noch den Chitragupta-Tempel an, der als einziger Tempel Khajurahos dem Sonnengott Surya geweiht ist, dessen Abbild, gezogen von einem mit sieben Pferden bespannten Wagen, im Heiligtum zu sehen ist.
Anschließend radle ich weiter zur östlichen Tempelgruppe, die aus drei hinduistischen und drei jainistischen Tempeln besteht und ganz in der Nähe des Khajuraho-Dorfes liegt.
Zunächst besichtige ich die drei hinduistischen Tempel, die an einem kleinen See liegen. Darunter den ältesten Tempel in Khajuraho, den Brahma-Tempel, der aus dem Jahr 900 stammt. Der Vamana-Tempel schräg gegenüber ist Vishnus fünfter Inkarnation als Zwerg Vamana geweiht und eher schlicht gehalten. Ganz anders der Javari-Tempel gleich daneben mit seinem kunstvoll geformten Turm und den prachtvollen Friesen.
Über eine kleine Straße geht es dann zu den drei jainistischen Tempeln Adinath, Parshvanath und Shantinatha, die mit himmlischen Nymphen und zahlreichen Darstellungen der Vishnu-Verehrung geschmückt sind.
Zum Schluss muss ich noch einmal kräftig in die Pedalen treten, denn die südliche Tempelgruppe liegt doch ein gutes Stück von den beiden anderen Gruppen entfernt. Dort schaue ich mir den Duladeo-Tempel an. Er gilt zeitlich als letzter Tempelbau der Chandellas und jüngstes Bauwerk Kajurahos.
Noch etwas weiter südlich liegen die Ruinen des Chaturbhuja-Tempels, dem einzigen Tempel in Khajuraho ohne erotische Darstellungen. Hier endet meine Besichtigungstour. Ich steige auf meinen altersschwachen Drahtesel und mache mich langsam auf den Rückweg.
Tipps & Infos
Die gesamte Tempelanlage von Khajuraho ist täglich von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang geöffnet.
Abends findet vor der Kulisse der Tempel eine Ton- und Lichtshow statt, die die Geschichte von Khajuraho erzählt.
Das Archäologische Museum (täglich außer Freitag, 10 bis 19 Uhr) nahe dem Eingang zur westlichen Tempelgruppe
lohnt einen Besuch. Ein Fahrrad kannst du dir in der Hotelzone rund um die Western Group ausleihen.
Warst du auch schon einmal in Khajuraho? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
Hinweis: Mein Ausflug nach Khajuraho war eine private Reise, die ich selbst finanziert habe. Jedoch enthält dieser Artikel unbezahlte Werbung durch Markenerkennung/Markennennung, persönliche Empfehlungen, werbende Inhalte und/oder Werbelinks*. Mehr zum Thema Werbung auf diesem Blog kannst du hier nachlesen.
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