Ein Tag in Meknès liegt vor mir – nicht gerade viel Zeit, um eine so lebendige und geschichtsträchtige Stadt kennenzulernen! Deshalb habe ich mir bereits im Vorfeld einige Highlights herausgepickt, die ich mir unbedingt anschauen möchte, wenn ich der Königsstadt am Fuße des Mittleren Atlasgebirges schon mal einen Besuch abstatte.
Das Mausoleum von Marokkos gefürchtetstem Herrscher Moulay Ismail, die Koranschule Bou Inania, das Stadttor Bab Mansour, die mittelalterliche Medina mit den bunten Souks und einige Sehenswürdigkeiten mehr stehen auf meinem Plan.
Der Name der Stadt leitet sich vom Berberstamm der Meknassa ab, der die Gegend ursprünglich besiedelte und im 9. oder 10. Jahrhundert aus dem heutigen Tunesien einwanderte. Lange blieb Meknès eine kleine Provinzstadt bis Sultan Moulay Ismail sie Ende des 17. Jahrhunderts zu seiner Hauptstadt erhob.
Als Bewunderer des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. und fasziniert von der Architektur der Hauptstädte Europas ließ er eine pompöse Palaststadt (Ville Impériale), Moscheen sowie Stadtmauern errichten, wobei auch Marmor aus der nahe gelegenen römischen Stadt Volubilis und vom El-Badi-Palast in Marrakesch verwendet wurde. Bald nach seinem Tod im Jahr 1727 begann die Stadt zu verfallen. Sie wurde von seinen Nachfolgern geplündert und erlitt große Schäden beim Erdbeben von Lissabon 1755.
Heute teilt sich Meknès in zwei Hälften, die Altstadt (Medina) im Westen und den neueren Stadtteil (Ville Nouvelle) im Osten. Die natürliche Grenze dazwischen bildet der Fluss Oued Bou Sekrane.
Ich beginne meinen kleinen Rundgang durch die Stadt am imposanten Bab Mansour, dem Eingangstor zur Palaststadt (Ville Impériale). Von hier ist es nicht weit bis zum Mausoleum von Moulay Ismail.
Das Mausoleum wurde im 18. Jahrhundert erbaut und ist eine von drei Grabmoscheen Marokkos, die auch von Anders- bzw. Ungläubigen besucht werden darf. Ich ziehe meine Schuhe aus und betrete einen gekachelten Vorraum mit Brunnenbecken für die im Koran vor dem Gebet vorgeschriebene rituelle Waschung. Dann gelange ich in einen von Arkaden umgebenen Innenhof mit einer schönen Brunnenschale, die inmitten eines sternförmigen Mosaiks steht.
Das eigentliche Mausoleum befindet sich in einem prachtvollen mit weißgetünchten Stuckornamenten und kunstvollen Kachelmosaiken dekorierten Nebenraum. Über dem weißen Sarkophag schwebt ein riesiger Kronleuchter. Daneben stehen zwei barocke Standuhren, die angeblich ein Geschenk vom französischen Sonnenkönig Ludwig XIV. sein sollen, und die nicht so recht zum sonst eher orientalischen Dekor passen wollen.
Moulay Ismail – auch „der Blutige“ genannt – war der zweite Sultan der bis heute regierenden Alawiden-Dynastie und wurde 1727 in der Grabmoschee beigesetzt. In der Geschichtsschreibung wird er als grausamer und sadistischer Herrscher beschrieben, der einen Harem mit über 500 Frauen gehabt haben soll, die ihm mehr als 700 Söhne und ungezählte Töchter gebaren. Sie alle standen unter der Fuchtel seiner gesetzmäßigen Ehefrau Sultana Zidana. Für die geplante neue Hauptstadt Meknès benötigte er an die 50 000 Sklaven. Wie es heißt, soll Moulay Ismail, wenn er mit der Arbeit eines Sklaven nicht zufrieden war, diesem mit einem Stein den Kopf einschlagen oder ihm die Kehle durchgeschnitten haben. Dennoch wird er auch heute noch von vielen Marokkanern verehrt und sein Mausoleum ist ein verehrtes Pilgerziel.
Ganz in der Nähe der Grabmoschee liegen die riesigen Speicherbauten und Stallungen des Heri es Souani, die ebenfalls sehr sehenswert sein sollen. Leider fehlt mir für eine Besichtigung die Zeit und ich laufe in die andere Richtung zurück zum Bab Mansour, durch das ich vorhin die Palaststadt (Ville Impériale) betreten habe.
Nach der Besichtigung der Grabmoschee schlendere ich über den Place el Hédim, einem weitläufigen Platz vor dem Bab Mansour, der sich zwischen der Palaststadt (Ville Impériale) und der Altstadt befindet.
Auf der linken Seite des Platzes gibt es einige nette Cafés, Restaurants und Souvenirläden mit Postkarten und allerlei buntem Nippes. Ansonst ist hier noch nicht viel los. Erst am Abend, bei Einbruch der Dämmerung, wenn die Schlangenbeschwörer, Feuerschlucker und Märchenerzähler erscheinen, wird der Platz voller und belebter.
Direkt neben dem Place el Hédim befindet sich ein überdachter Markt, in dem Frischwaren, Gewürze und Trockenfrüchte verkauft werden (Mo – Sa 9 -19 Uhr; einige Stände sind von 14 – 17 Uhr geschlossen). Ich laufe durch die Reihen, schaue den Leuten beim Feilschen zu und kaufe mir an einem Stand ein paar eingelegte Oliven und etwas Fladenbrot. Mit einem frischgepressten Orangensaft und meinem kleinen Imbiss mache ich es mir auf einer Mauer gemütlich.
Gestärkt geht es weiter durch die Medina, der Altstadt von Meknès, die von der UNESCO im Jahr 1996 in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Ich schlendere durch die verwinkelten Gassen und bummele durch die Souks,
die zu den schönsten und ursprünglichsten des Landes gehören sollen.
Von oben fällt das Licht durch die Holzdächer und zeichnet helle Punkte auf den lehmigen Boden der Kissarias,
der überdachten Souk-Sträßchen. Der Duft von orientalischen Gewürzen liegt in der Luft.
Töpferwaren findet man in der Village des Potiers am Oued Boufekrane. Handgearbeitete Schuhe, Taschen, Gewänder und Schmuck werden im Souk es Sebbat angeboten, im Souk Joutiya ez Zerabi in einer Arkade beim Textil-Souk werden Teppiche verkauft und in der Nähe des Bab el Jédid gibt es einen kleinen Flohmarkt und einen Souk, in dem man handgefertigte traditionelle Musikinstrumente kaufen kann.
Die Hauptstraße der Souks, die Rue Souk es Sebbat, führt mich zur Medersa Bou Inania.
Die Medersa wurde im 14. Jahrhundert unter der Dynastie der Meriniden erbaut und zählt zu den bedeutendsten und schönsten Koranschulen des Landes.
Der Innenhof mit Brunnenschale aus weißem Marmor ist mit schönen Fliesen, Kalligrafien, Koranversen und kunstvollen Holzschnitzereien ausgestattet. Das obere Geschoß, das von einer zedernholzgeschnitzten Galerie zum Innenhof hin abgegrenzt ist, beherbergte die engen und schmucklosen Schlafräume der Koranschüler.
Vom Dach der Koranschule habe ich einen tollen Blick auf die gegenüberliegende Große Moschee, die Jemaa el Kebir,
die im 7. Jahrhundert erbaut wurde und den Mittelpunkt der Altstadt von Meknès bildet.
Ich gelange wieder zum keramikgefliesten Stadttor Bab Mansour mit seinen mächtigen Säulen, die wahrscheinlich aus der rund 30 Kilometer nördlich gelegenen Römerstadt Volubilis stammen. Wo einst Gerichtsverhandlungen abgehalten und die Köpfe der Hingerichteten zur Schau gestellt wurden, habe ich meinen kleinen Rundgang durch die Königsstadt Meknès vor einigen Stunden begonnen. Ich setze mich auf eine der breiten Stufen vor dem Tor und beobachte die ersten Gaukler gegenüber auf dem Place el Hédim, die sich auf ihre Vorführung am Abend vorbereiten…
Tipps & Infos
Die Stadt lässt sich prima zu Fuß entdecken, aber falls man doch mal eins benötigt, gibt es in Meknès zwei unterschiedliche Taxi-Typen: Die kleineren Taxis sind hellblau und für Fahrten im Zentrum gedacht. Die großen Taxis (Sammeltaxis) sind grau und relativ preiswert, weil sie zur gleichen Zeit mehrere Passagiere aufnehmen können.
Offizielle Stadtführer warten in der Nähe des Bab Mansour, doch sowohl die Medina als auch die Ville Impériale lassen sich gut allein erkunden.
Das Mausoleum des Moulay Ismail hat Sa – Do von 9 bis 12 Uhr und von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Freitags ist die Grabmoschee nur am Nachmittag von 15 bis 18 Uhr zugänglich.
Die Medersa Bou Inania in der Rue Sebbat hat täglich von 9 bis 12 Uhr und von 15 bis 18 Uhr geöffnet.
Meknès veranstaltet jedes Jahr in den ersten zehn Julitagen ein internationales Theaterfestival in den Jardins Haboul (nähere Informationen gibt es im Touristenbüro Délégation du Tourisme: 27, Place Administrative, Tel. 0535 52 44 26).
Reiter können vor den Toren der Stadt das größte Gestüt Marokkos besuchen. Im Haras de Meknès werden einige der wertvollsten Araberpferde und Maultiere gehalten (Ave Mohammed V, Meknès; Bus Nr. 14, 15 oder 16 ab Ville Nouvelle).
Besonders empfehlenswert ist ein Ausflug zu den Ruinen der römischen Stadt Volubilis und zum unmittelbar daneben liegenden Pilgerort Moulay Idris.
Warst du auch schon einmal in Meknès? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
Hinweis: Meine Marokko-Rundreise war eine private Reise, die ich selbst finanziert habe. Jedoch enthält dieser Artikel unbezahlte Werbung durch Markenerkennung/Markennennung, persönliche Empfehlungen, werbende Inhalte und/oder Werbelinks*. Mehr zum Thema Werbung auf diesem Blog kannst du hier nachlesen.
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