Es zieht mich mal wieder in die Berge. Eine Woche lang werde ich im schönen Rosengarten von Hütte zu Hütte wandern. Rosengarten … ach, wie das schon klingt! Das Bergmassiv der Dolomiten ist berühmt für seine markanten Gipfelsilhouetten, das rote Alpenglühen zur Dämmerungszeit und für die alpenländliche Laurinsage …

Die Sage vom Zwergenkönig Laurin

Nach einer volkstümlichen Überlieferung wollte einst der König an der Etsch, einem Fluss, der hoch oben in den Südtiroler Bergen entspringt, seine wunderschöne Tochter Similde vermählen. Aus diesem Grund wurden alle Adeligen aus der Umgebung zu einer Maifahrt eingeladen, nur der Zwergenkönig Laurin aus dem nahen Rosengarten nicht.

Dieser beschloss daraufhin als unsichtbarer Gast teilzunehmen, was ihm mit Hilfe einer Tarnkappe auch gelang. Als er Similde sah, verliebte er sich unsterblich in sie, setzte sie auf sein Pferd und entführte sie in den Rosengarten. Sofort zogen bewaffnete Reiter unter der Führung von Dietrich von Bern aus, um Similde zurückzuholen.

Laurinbrunnen in Bozen
Laurinbrunnen in Bozen

Trotz eines Wundergürtels, den er sich umband und der ihm die Kraft von zwölf Männern verlieh, verlor König Laurin den Kampf gegen Dietrich von Bern und so zog er sich seine Tarnkappe über und sprang unsichtbar im Rosengarten umher. An den Bewegungen der Rosen konnten die bewaffneten Reiter allerdings erkennen, wo sich der Zwergenkönig verbarg. Sie schnappten ihn, zerstörten seinen Zaubergürtel und nahmen ihn gefangen.

König Laurin drehte sich daraufhin noch einmal um und belegte den Rosengarten, der ihn verraten hatte, mit einem Fluch: Weder bei Tag noch bei Nacht sollte ihn jemals mehr ein Menschenauge sehen. Der Zwergenkönig hatte aber nicht an die Dämmerung gedacht, und so kommt es, dass der Rosengarten beim Sonnenauf- und -untergang in gleißenden Rottönen blüht und glüht.

Meine Wanderung durch den Rosengarten

Von Bozen bis zur Plafötsch-Alm

Nachdem ich zwei Tage in der Südtiroler Landeshauptstadt Bozen verbracht habe, fahre ich mit dem Bus 185 frühmorgens nach St. Zyprian. Die Fahrt ist sehr schön, mit kurvenreichen Straßen und tollen Ausblicken. Im Ortsteil Weißlahnbad (1.200 m) steige ich aus. Von der Bushaltestelle geht es über einen Feldweg direkt in den Wald hinein. Die Beschilderung ist recht abenteuerlich, doch nach einer Weile erreiche ich endlich das Gasthaus Tschamin Schwaige, den Startpunkt meiner Wanderung. Direkt dahinter führt mich auch gleich ein schmaler und verwurzelter Pfad zünftig bergauf und immer tiefer in den dichten Wald hinein. Unterwegs habe ich immer wieder einen wunderschönen Blick auf die Rosengartengruppe, die ich in den nächsten Tagen umrunden werde.

Rosengarten

Ich wandere über schattige Forstwege und über grüne Wiesen, bis plötzlich wie aus dem Nichts ein mit Blumen geschmücktes Marterl und dahinter ein kleines Holzhaus, die Plafötsch-Alm (1.570 m), auftauchen. In dieser schnuckeligen Almhütte verbringe ich meine erste Nacht. Der Rucksack ist schnell verstaut und nach einer kalten Dusche und einem großen Speckknödel mach ich es mir in einem der bunten Liegestühle vor der Hütte gemütlich. Dabei immer im Blick: das beeindruckende Bergpanorama des Rosengartens.

Rosengarten

Von der Plafötsch-Alm bis zur Rotwandhütte

Gleich am zweiten Tag liegt eine lange Etappe vor mir. Deshalb bin ich auch schon früh auf den Beinen und mache mich bereits um kurz vor sieben wieder auf den Weg. Hinter der kleinen Plafötsch-Alm (1.570 m) führt mich ein ausgetretener Trampelpfad leicht bergauf. Es geht über eine Holzbrücke, ein ausgetrocknetes Flussbett und über hügelige Almwiesen. Noch etwas verschlafen liegen einige Kühe am Wegesrand und über mir surrt wohl der erste Sessellift des Tages langsam hinauf zur Bergstation. An der urigen Haniker Schwaige lege ich eine kurze Kaffeepause ein, bevor es richtig steil nach oben geht.

Rosengarten

Schwitzend und mit rotem Kopf erreiche ich pünktlich zur Mittagszeit die volle Kölner Hütte. Auf der Terrasse ergattere ich einen freien Platz und vertilge eine große Portion Makkaroni mit Tomatensoße und extra viel Käse. Gestärkt wandere ich nach meiner wohlverdienten Mittagspause weiter über den aussichtsreichen Hirzelsteig zum Christomannos-Denkmal. Der 2,70 Meter große und gut 350 Kilogramm schwere Bronzeadler wurde zu Ehren von Theodor Christomannos (1854-1911), einem österreichischen Richter und Rechtsanwalt, der als Pionier des Fremdenverkehrs in Südtirol gilt, errichtet. Dann geht es weiter auf dem Masare-Steig zu meinem heutigen Etappenziel, der Rotwandhütte (2.283 m), die weit oben auf dem Ciampaz Sattel liegt.

Rotwandhütte, Rosengarten

Von der Rotwandhütte bis zur Vajolet-Hütte

Gelb, orange, lila und zartrosa – pünktlich zum Sonnenaufgang sitze ich vor der Rotwandhütte (2.283 m) und beobachte das unglaubliche Farbenspiel am Horizont. Nach einem letzten Schluck Kaffee schultere ich dann meinen Rucksack und mache mich auf den Weg Richtung Mugonispitze. Durch ein imposantes Felsloch gelange ich schließlich auf den Cigoladepass. Von hier führt mich der Abstieg über scheinbar endlose Geröllfelder zur Vajolet-Hütte (2.243 m) in der ich heute übernachten werde.

Rosengarten

Nach einer kalten Dusche und einem kurzen Nickerchen im Matratzenlager steige ich am Nachmittag durch das teilweise seilversicherte Vajolet-Tal hinauf zur Gartlhütte und wandere weiter zum Santnerpass. Die Aussicht von hier oben ist einfach gigantisch und den Blick auf die beeindruckenden und bizarren Vajolet-Türme wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Eine Weile sitze ich auf einem großen Felsbrocken, dann wird es mir doch etwas zu heiß, denn die Sonne brennt erbarmungslos auf mich nieder und so steige ich schließlich wieder ab und gelange auf dem gleichen Weg zurück zur Vajolet-Hütte (2.243 m).

Santnerpass, Rosengarten

Von der Vajolet-Hütte bis zur Tierser Alpl Hütte

Die heutige Etappe ist recht gemütlich und führt mich nach einem kurzen Frühstück über den Grasleitenpass hinauf zur Grasleitenpasshütte. Von dort steige ich in den Grasleitenkessel ab. Zunächst geht es steinig weiter über viel Geröll, dann wird die Landschaft langsam wieder grüner, die Wege erdiger und weicher. Nach einer Mittagspause mit Kaiserschmarrn und Apfelmus auf der überraschend leeren Terrasse der Grasleitenhütte wandere ich über das Bärenloch hoch zur Tierser Alpl Hütte (2.440 m).

Rosengarten

Helles Holz, unverputzter Beton und rot-weiß karierte Bettwäsche – die Tierser Alpl Hütte (2.440 m) ist frisch renoviert und modernisiert. Im Keller verstaue ich meine Bergstiefel und bringe den Rucksack aufs Zimmer, dann mache ich es mir mit meinem Tagebuch und einer kalten Hollerschorle auf der Terrasse bequem. Am späten Nachmittag unternehme ich noch einen kurzen Abstecher zur nahen Rosszahnscharte und genieße die Aussicht hinunter auf die Seiser Alm. Am Abend sitze ich dann lange vor der Hütte und warte auf das rote Alpenglühen, das ich bisher noch nicht gesehen habe und das sich auch an diesem Abend leider nicht blicken lässt. Trotzdem schön …

Rosengarten

Von der Tierser Alpl Hütte bis zum Schlernhaus

Kurz vor Sonnenaufgang schleiche ich aus der Hütte. Noch ist alles still, nur aus der Küche höre ich ein leises Scheppern. Draußen auf der Terrasse knipse ich meine Stirnlampe an und laufe noch einmal den schmalen Weg zur Rosszahnscharte entlang. Wie erwartet, ist der Sonnenaufgang und die Aussicht von hier oben auf die noch dunklen Berggipfel einfach gigantisch. Zufrieden kehre ich um und mache mich fertig für das anstehende Frühstück. Danach mache ich mich auf den Weg und wandere in westlicher Richtung zum Naturpark Schlern.

Rosengarten

Nach einer viertel Stunde muss ich kurz anhalten, um meine Jacke anzuziehen. Es ist auf einmal ziemlich kalt und windig und sieht verdammt nach Regen aus. Und nicht nur das Wetter, auch die Landschaft um mich herum ändert sich mal wieder. Die Erde ist jetzt rötlich und bildet einen starken Kontrast zu den sattgrünen Bergwiesen. Ungefähr auf der Hälfte meiner Etappe mache ich einen kleinen Abstecher hinauf zur Roterdspitze und lege auf dem Gipfel eine kurze Vesperpause ein. Dann geht es über die weitläufige Schlern Hochfläche zum Schlernhaus (2.437 m), meiner heutigen Unterkunft.

Schlern

Im urigen Speisesaal esse ich eine kräftige Gemüsesuppe mit Wurst und trinke einen kleinen Haselnussschnaps, um mich aufzuwärmen. Anschließend gehe ich noch einmal hinaus und laufe hinauf zum Gipfelkreuz auf dem Monte Pez, dem Hausberg, der direkt hinter der Hütte liegt. Müde falle ich am Abend nach einer kleinen Katzenwäsche, denn Duschen gibt es im Schlernhaus (2.437 m) nicht, in mein knarzendes Bauernbett.

Vom Schlernhaus bis nach Weißlahnbad

Der Wetterbericht verheißt nichts Gutes. Im Schlernhaus (2.437 m) herrscht deshalb eine hektische Aufbruchsstimmung. Jacken, Mützen und Stirnbänder werden angezogen und Regenhüllen über die Rucksäcke gestülpt. Auch ich packe nach dem Frühstück schnell meine Sachen zusammen und mach mich an den Abstieg. Obwohl es noch so schön aussieht, ist es ziemlich windig. Weit hinten ziehen die ersten dunklen Wolken auf. Knapp 1.300 m geht es über hügelige Kuhweiden und an einer kleinen Kapelle vorbei, über den Tschafatschsattel und durch die Bärenfalle hinunter zum Ausgangspunkt meiner Wanderung. Der Weg ist steil und steinig, aber dennoch sehr schön und schnell bereue ich es, meine Kamera zum Schutz vor Nässe tief in den Rucksack gepackt zu haben.

Rosengarten

Zum Glück verschont mich der Regen und nach etwa drei Stunden erreiche ich das Gasthaus Tschamin Schwaige in Weißlahnbad (1.200 m), wo ich vor einigen Tagen gestartet bin. Nach einer Portion Südtiroler Bauernmuas und einem letzten Glas Limoncello mache ich mich auf den Heimweg …

Schlernhaus

Fazit und Infos zum Weg

Das feurige Alpenglühen im Rosengarten habe ich leider nicht wirklich in voller Pracht erleben dürfen (nur einmal in einem eher zarten Rosa), dennoch war es – vor allem landschaftlich – meine bisher schönste Bergwanderung. Auch die Hütten waren alle viel kleiner und uriger als auf meinen bisherigen Wanderungen und zum Südtiroler Essen muss ich wohl nicht viel sagen – herrlich war’s! Insgesamt also eine sehr lohnenswerte Tour, die ich nur empfehlen kann.

Seit 2003 gehört der Südtiroler Teil des Rosengartens (der andere Teil liegt im Trentino) mehrheitlich zum Naturpark Schlern-Rosengarten; seit 2009 ist die Rosengartengruppe neben acht weiteren Gebieten Teil des Welterbes Dolomiten.

Land: Italien
Ausgangspunkt: Gasthaus Tschamin Schwaige in Weißlahnbad, Südtirol (I)
Zielort: Gasthaus Tschamin Schwaige in Weißlahnbad, Südtirol (I)
Dauer: ca. 6 Tage
Länge: insgesamt ca. 70 Kilometer
Schwierigkeit: mittel
Aufstieg: insgesamt ca. 3.700 m
Abstieg: insgesamt ca. 3.600 m
Wanderzeit: Mitte Juni bis Mitte September

Falls du gerade eine Bergwanderung planst und nicht weißt, was du alles in deinen Rucksack packen sollst, dann hilft dir vielleicht meine Packliste für Bergwanderungen.

Bist du auch schon einmal durch den Rosengarten gewandert? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

Was ich vor meiner Wanderung in Bozen erlebt habe, erfährst du hier.

Hinweis: Die Tour war eigenfinanziert, jedoch enthält dieser Artikel unbezahlte Werbung durch Markenerkennung/Markennennung, werbende Inhalte und/oder Werbelinks*. Mehr zum Thema Werbung auf meinem Blog liest du hier.

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