Die historische Handelsregion Shekhawati

Im Nordosten des indischen Bundesstaats Rajasthan erstreckt sich das große Gebiet Shekhawati.
Reiche Kaufleute, die überwiegend aus der Händlerkaste der Marwaris stammten, ließen sich im Laufe der
Zeit entlang der zahlreichen Handelsrouten nieder, die durch diese Region führten und bauten prachtvolle
Handelshäuser, die Havelis.

Als sich im 19. Jh. die wirtschaftliche Struktur Indiens unter der britischen Herrschaft wandelte und die Handelskarawanen immer mehr von Dampfschiffen verdrängt wurden, zogen die Marwaris in die Metropolen Bombay und Kalkutta. Die mit kunstvollen Freskenmalereien geschmückten Havelis ließen sie verfallen oder von Pächtern bewachen. Über die Jahre blieben viele Handelshäuser unbewohnt und wurden kaum in Stand gehalten. Erst mit dem Einzug des Tourismus in der Region wurde damit begonnen, die Havelis wieder herzurichten.

Haveli

Die Havelis

In den Havelis, den freskengeschmückten Handelshäusern entlang der Karawanenwege, waren die Geschäfts- und Privaträume der Kaufleute untergebracht. Mittig lagen zwei oder drei hintereinander angeordnete Innenhöfe, die allseitig von mehrstöckigen Gebäuden umschlossen waren.

In den vorderen Hof gelangte man durch ein großes eisenbeschlagenes Tor, das so hoch war, dass selbst beladene Kamele problemlos hindurchlaufen konnten. Die fensterlosen Fassaden im Erdgeschoss erklären den Namen, denn Haveli bedeutet übersetzt in etwa „abgeschlossen“. Nur durch kleine, meist mit dicken Holzläden verschlossene Fenster im ersten Stock konnte man einen Blick auf die belebten Straßen erhaschen.

In der Nähe des Eingangs befand sich der Baithak, ein Geschäftsraum mit schönen Wandmalereien, geschnitzten Deckenbalken und einer Statue des Elefantengottes Ganesha, der in Indien nicht nur jedes Haus segnet, sondern von Geschäftsleuten auch als Gott des Handels verehrt wird.

Im unteren Teil des Hauses waren auch die Lagerräume und die Stallungen für die Tiere untergebracht. Die oberen Räumlichkeiten dienten als Übernachtungsmöglichkeit für reisende Händler, die hinteren Räume des Hauses wurden
privat genutzt und waren der Kaufmannsfamilie vorbehalten. Von dort führte eine schmale Treppe hinauf zu einer großen Dachterrasse, die zum Schutz gegen fremde Blicke von einer durchbrochenen Wand umschlossen war und im Sommer auch zum Schlafen genutzt wurde.

Die ersten Havelis entstanden im 18. Jh. und wurden aus Lehm erbaut, da es in der wüstenartigen Shekhawati-Region nicht genügend Steine gab. Die heute noch erhaltenen Handelshäuser stammen überwiegend aus dem 19. Jh.. Angeregt durch die Palastmalereien von Jaipur und Amber begannen die Besitzer zu dieser Zeit auch mit der künstlerischen Gestaltung der Fassaden.

Die Außenwände wurden mit einer feinen polierten Putzschicht aus Kalk und gemahlenem Marmor oder, wenn es preiswerter sein sollte, mit Muschelmehl überzogen. Im Außenbereich trug man dann Farbe auf den feuchten Putz
auf (Fresco), im Inneren wurden die Wände im trockenen Zustand bemalt (Secco).

Kamel in Rajasthan

Mandawa & Nawalgarh

In Mandawa und Nawalgarh zeigt sich Rajasthan von seiner schönsten Seite. In den beiden Städtchen gibt es jede Menge
gut erhaltene Havelis mit kunstvollen Wandmalereien zu besichtigen. Besonders Mandawa im Herzen des nördlichen Shekhawati zählt zu den interessantesten Orten der gesamten Region und eignet sich mit seinen zahlreichen Hotels und Restaurants gut als Ausgangspunkt, um die Gegend zu erkunden.

Am Sonthliya-Tor in Mandawa, das die Hauptbasarstraße überspannt und mit einer großen Krishnafigur gekrönt ist,
treffe ich meinen Guide Sailesh, der mich durch die freskengeschmückten Handelshäuser führen wird.

Gemeinsam schlendern wir durch die ungepflasterten sandigen Gassen, die von bonbonfarbenen Häusern und den bemalten Havelis gesäumt sind. Das farbenfrohe Städtchen ist wirklich schön. Es gibt kleine Geschäfte mit Postkarten, Schmuck, Saris und allerlei buntem Nippes, außerdem einige nette Restaurants und Cafés, die zu einer Teepause einladen.

Kuh

Der Bau von Havelis ist in Mandawa vor allem den Kaufmannsfamilien Ladia, Harlakas, Dhandhan und Goenka zu verdanken, die mit der Fassadengestaltung ihrer Handelshäuser im frühen 19. Jh. begannen.

Direkt an der Hauptstraße besichtigen wir zunächst den aufwendig dekorierten Rameshwarlal-Sundarmal-Haveli, dann geht es weiter zum Gulab-Rai-Ladia-Haveli, der 1870 erbaut wurde und zu den schönsten Bauten in Mandawa zählt.
Neben Motiven aus dem Leben des Besitzers Gulab Rai sind hier auch detailreiche Elefanten- und Kameldarstellungen zu sehen. Früher einmal zierten auch erotische Malereien die Außenwände, sie wurden aber im Laufe der Zeit mit Farbe übertüncht oder von den Wänden gekratzt. Nebenan fällt mir gleich der reich bemalte Lakshminarayan-Ladia-Haveli ins Auge. Er wurde bereits 1851 errichtet, erhielt seine heutigen Fresken aber erst um 1890 und zeigt überwiegend religiöse Motive.

Nach einem kleinen Imbiss und einer Tasse Masala Chai Tee geht es mit dem Jeep in das nur wenige Kilometer entfernte Nawalgarh. Die Stadt ist ebenfalls recht bunt und gehört aufgrund ihrer vielen Havelis zu den lohnendsten Zielen in der Shekhawati-Region.

Besonders schön sind die vier Dungaichi-Havelis, die von Binja, einem der besten Freskenmaler seiner Zeit, gestaltet wurden. Auch hübsch anzuschauen sind der Gangadas-Jamnadar-Goenka-Haveli von 1905, der Darstellungen der Göttin Ganga zeigt, und der Shyoarayan-Bansidhar-Haveli, an dessen Fassade sogar ein Dampfschiff, verschiedene Züge und eine von Pferden gezogene Straßenbahn zu sehen sind.

Kühe vor einem Tempel

Nach einer wirklich interessanten Besichtigung des Podar Haveli Museums besuchen wir zum Abschluss die Chattris,
die Begräbnisstätten der lokalen Herrscher. Der mächtige Bau aus dem Jahr 1824 mit den bengalischen Dächern und den zierlichen Säulen wirkt verlassen. Keine Menschenseele ist zu sehen, nur ein paar Kühe liegen malmend im sandigen Innenhof und schauen uns verdutzt an.

Tipps & Infos

Zwischen den Städten Jaipur, Nawalgarh und Mandawa bestehen gute Busverbindungen. Das Hotel Shekhawati in Mandawa, unweit der Mukundgarh Road und in der Nähe des Bahnhofs, kann ich sehr empfehlen. Die Zimmer sind bunt bemalt und sauber, der Besitzer sehr freundlich und auf der Dachterrasse befindet sich ein nettes kleines Restaurant.

Da sich die Havelis über mehrere Ortschaften verteilen und sie auch teilweise nur schwer zu finden sind, empfiehlt sich eine geführte Tour mit einem ortskundigen Guide (Preis vorher aushandeln). Falls du doch lieber alleine losziehen möchtest, um dir die Handelshäuser anzuschauen, dann frag vor dem Betreten immer um Erlaubnis, denn viele Havelis sind in Privatbesitz und noch bewohnt.

Warst du auch schon einmal in einem Haveli? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

Hinweis: Mein Ausflug nach Shekhawati war eine private Reise, die ich selbst finanziert habe. Jedoch enthält dieser Artikel unbezahlte Werbung durch Markenerkennung/Markennennung, persönliche Empfehlungen, werbende Inhalte und/oder Werbelinks*. Mehr zum Thema Werbung auf diesem Blog kannst du hier nachlesen.

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