Im Herzen von Nepal liegt das dicht besiedelte Kathmandutal. Umgeben von majestätischen Bergen, die schneebedeckt in den Himmel ragen, bildet der kleine Talkessel, der seit 1979 zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt, sozusagen das kulturelle Zentrum des Landes.

Ich werde die alten Königsstädte Kathmandu, Patan und Bhaktapur besuchen, mir die Verbrennungsstätten von Pashupatinath am heiligen Fluss Bagmati anschauen und so hoffentlich einen kleinen Einblick in die Kultur Nepals
erhaschen können.

Übernachten werde ich in Thamel, dem wuseligen Touristenviertel mitten im Zentrum von Kathmandu. Hier reihen sich die Burgerläden, Bars, Internet- und Souvenirshops dicht aneinander. Mein Hostel liegt versteckt in einer Seitenstraße zwischen einer ranzigen Pommesbude und einem kleinen Geschäft für Trekkingbedarf.

Vielleicht ist das Viertel nicht die beste Adresse, wenn es darum geht, das typische nepalesische Leben kennenzulernen, aber von hier kann ich viele Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichen und auch die Busse zu den Ausflugszielen in die nähere Umgebung fahren hier ab.

Stupa von Swayambhunath

Früh am Morgen sitze ich in einem kleinen Café, frühstücke ein paar fluffige Banana Pancakes und beobachte das bunte Treiben vor mir auf der Straße. Schräg gegenüber deckt sich ein junges Paar in einem Outdoorladen mit der noch fehlenden Ausrüstung ein, bevor es wahrscheinlich zum Trekking in die umliegenden Berge geht. Daneben baut ein Gemüsehändler seinen Stand auf. Flink liegen Chilischoten, grünen Bohnen, Kartoffeln und Auberginen kunstvoll aufgetürmt auf einem hölzernen Ladentisch zum Kauf bereit.

Ich stopfe mir das letzte Stück Pfannkuchen in den Mund, trinke meinen Tee aus und mache mich auf den Weg, um mir
den Stupa von Swayambhunath anzuschauen. Der Tempelkomplex liegt unweit der Altstadt auf einem kleinen Hügel
im Nordwesten von Kathmandu und gilt neben Borobudur auf Java in Indonesien als eine der ältesten buddhistischen Tempelanlagen der Welt.

Am Fuße des Hügels befindet sich eine Steinplatte mit den Fußabdrücken Buddhas. Von hier führt mich eine Treppe mit 365 Stufen hinauf zur Tempelanlage. Mit heiligen Texten und Gebetsformeln verzierte Manisteine und Buddhastatuen säumen den Weg. Während ich mich die Stufen hinaufquäle, wird mir schnell klar, warum Swayambhunath auch „Monkey Temple“ genannt wird. Unzählige Affen hangeln sich von den Pagodendächern oder flitzen zwischen den Statuen umher. Die kleinen Biester können sich auf der gesamten Anlage frei bewegen und folgen den Touristen und Gläubigen auf Schritt und Tritt.

Tipp: Wer den schweißtreibenden Aufstieg über die Treppe mit den 365 Stufen scheut, kann den leicht zugänglichen Eingang auf der Seite nutzen.

Stupa von Swayambhunath

Oben angekommen atme ich erst einmal tief durch und genieße für einen Augenblick die überwältigende Aussicht auf die Stadt und die schneebedeckten Berggipfel am Rande des Kathmandutals.

Wie so oft in Nepal verschmelzen auch in Swayambhunath die Religionen, denn neben der buddhistischen Stupa mit den aufgemalten Augen, die in alle Himmelsrichtungen blicken, gibt es hier oben zwei hinduistische Türme, mehrere Schreine
zu Ehren Verstorbener sowie ein kleiner Hindutempel, der der Göttin Hariti geweiht ist. Sie wird sowohl von Hindus als auch von Buddhisten verehrt und soll vor Pocken und Kinderkrankheiten schützen.

Ich folge den Gläubigen, die den Stupa von Swayambhunath im Uhrzeigersinn umrunden und dabei die bronzefarbenen Gebetsmühlen drehen. Leise murmeln sie das Mantra „Om mani padme hum“ („Om, das Juwel im Lotos“, „Om im Juwelen-Lotos“ oder auch „Oh, du Juwel in der Lotusblüte“), das universelle Mantra der Liebe und des Mitgefühls. Über uns flattern die bunten Gebetsfahnen im Wind.

Butterkerzen

Die Legende von Swayambhunath

Das gesamte Tal von Kathmandu war einst ein riesiger See und eines Tages entdeckten Sadhus – hinduistische Mönche,
die sich einem religiösen und streng asketischen Leben verschrieben haben – eine wunderschöne Lotusblüte auf dessen Oberfläche.

Über viele Jahrhunderte pilgerten Gläubige an die Ufer des Sees und verehrten die Blüte, bis eines Tages eine blaue Flamme aus ihrem Kelch stieg und Swayambhunath entstand oder besser gesagt sich selbst erschuf, denn übersetzt bedeutet es: Der aus sich selbst erstandene Gott.

Die Manifestation Buddhas leuchtete noch viele weitere Epochen, bis der Bodhisattva Manjushri an den See gelangte.
Er meditierte auf den umliegenden Bergen von Nagarkot und überlegte, wie die Gläubigen wohl näher an die heilige Lotusblüte herankommen könnten.

Nachdem er den See dreimal umrundet hatte, schlug er mit seinem Schwert eine kleine Schlucht in die Hügelkette der Mahabharata Berge und ließ das Wasser des Sees abfließen. So wurde der heilige Fluss Bagmati geboren, der das Kathmandutal fruchtbar macht. Die blauleuchtende Lotosblume pflanzte er auf den Hügel von Swayambhunath.

Durbar Square in Kathmandu

Nachdem ich die 365 Stufen wieder hinabgestiegen bin, laufe ich zurück in die Altstadt von Kathmandu. Hupende Motorräder und Suzuki Taxis düsen an mir vorbei. Über eine kleine Brücke und durch ein Wirrwarr aus verwinkelten
Gassen erreiche ich schließlich den quirligen Durbar Square, den großen Platz vor dem einstigen Königspalast.

Durbar Square in Kathmandu

In Kathmandu ist der Durbar Square von mehr als 50 historischen Tempeln, Pagoden und Palästen aus dem 12. bis 18. Jahrhundert umgeben. Dazwischen stehen kleine Marktstände mit Hülsenfrüchten, frischem Gemüse und Fleisch.
Gläubige beten und bringen vor den Tempeln ihre Opfer dar.

Ich schlendere über den Platz und schaue mir in aller Ruhe die alten Gebäude mit ihren detailreichen Holzverzierungen an. Direkt am Eingang des alten Königspalastes steht zum Schutz vor bösen Geistern und Krankheiten eine imposante Statue des Affengottes Hanuman. Diese Gottheit wurde früher von Kriegern verehrt und spielt bis heute eine große Rolle im Hinduismus.

Gegenüber liegt der rosarote Jagannath-Tempel mit seinen erotischen Tantra-Schnitzereien und der prachtvolle dreistufige Taleju-Tempel. Mit einer Höhe von rund 35 Metern überragt er alle anderen Bauwerke auf dem Durbar Square. Der Tempel ist der Göttin Taleju Bhawani, auch bekannt als Durga (Göttin der Weisheit, der Kraft, des Handelns und des Wissens), gewidmet und man sagt, dass diese maßgeblich dazu beitrug, ob ein Herrscher in Kathmandu seine Macht behielt oder verlor. Leider ist es nicht möglich, den Tempel von innen zu besichtigen. Selbst Gläubige dürfen nur einmal im Jahr während des Dashain Festivals hinein. Von den hohen Stufen habe ich aber einen tollen Blick über den gesamten Platz.

Vorbei an einer 6-armigen Kala Bhairava-Statue, gelange ich zum Shiva-Parvati-Tempel, wo sich die beiden hölzernen Figuren von Shiva und Parvati oben aus dem kunstvoll verzierten Fenster lehnen. Daneben befindet sich der Maju Deval,
ein Tempel, der zu Ehren des Hindu-Gottes Shiva errichtet wurde.

Jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Kumari Bahal, dem Palast der lebenden Kindgöttin Kumari, die als Inkarnation der Göttin Taleju verehrt wird. Im Alter zwischen zwei und vier Jahren wird sie anhand von körperlichen Merkmalen und ihrem Geburtshoroskop ausgewählt und lebt bis zu ihrer ersten Menstruation im Palast. Dort sitzt sie stumm und regungslos auf ihrem Thron und empfängt Pilger, um sie zu segnen. Verlässt sie ihre Gemächer für traditionelle Feste oder andere Feierlichkeiten, wird sie auf einer goldenen Sänfte getragen oder in einem Wagen durch die Menge gefahren, denn ihre Füße dürfen den unheiligen Boden außerhalb des Palastes nicht berühren.

Manchmal erscheint die Göttin Kumari an einem der Palastfenster und man darf einen kurzen Blick auf sie werfen.
Mit einigen anderen Touristen betrete ich einen dunklen Innenhof und wir haben Glück. Oben wird ein mit aufwendigen Holzschnitzereien verziertes Fenster geöffnet und ein kleines Mädchen in einem roten Gewand mit goldenem Kopfschmuck und auffällig geschminkten Augen erscheint am Fenster. Wir schauen nach oben, die Kumari schaut durch uns hindurch und nach wenigen Sekunden ist sie auch schon wieder verschwunden. Das Fenster wird geschlossen.

Kumari Bahal, Kathmandu

Tipp: Der Durbar Square ist nicht für den Autoverkehr zugelassen, sodass man den Platz angenehm und in aller Ruhe besichtigen kann. Der Eintritt hat mich 750 NPR gekostet, mittlerweile soll der Preis auf 1000 NPR gestiegen sein. Wenn man sich ein paar Tage in Kathmandu aufhält und den Durbar Square mehrmals besuchen möchte, dann kann man sich in einem Büro auf dem Platz gegen Vorlage des Reisepasses, eines Passbildes und der bereits bezahlten Eintrittskarte einen kostenfreien Visitor Pass ausstellen lassen. Mit ihm hat man freien Zugang im gesamten Durbar Square-Bereich.

In den Straßen von Kathmandu

Pashupatinath

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch sitze ich in einem klapprigen Bus und fahre zu den Verbrennungsplätzen von Pashupatinath. Die hinduistische Tempelstätte liegt nur wenige Kilometer östlich von Kathmandu, und wahrscheinlich werde ich dort zum ersten Mal in meinem Leben einen toten Menschen sehen.

Pashupatinath

Flammen lodern und der süßliche Duft von verbranntem Sandelholz liegt in der Luft. Zwischen einem Schrein und einigen Sadhus, den hinduistischen Mönchen mit ihren langen Dreadlocks und den orangefarbenen Gewändern, suche ich mir ein ruhiges Plätzchen und schaue zu, wie Leichen gewaschen, mit Blumen geschmückt, verbrannt und letztendlich dem heiligen Fluss Bagmati übergeben werden.

Weitere Infos zu meinem Besuch in Pashupatinath findest du hier.

Stupa von Bodnath

Nicht weit von Pashupatinath entfernt befindet sich in einem Vorort im Nordosten von Kathmandu der große Stupa von Bodnath. Etwas versteckt zwischen historischen Häusern, Souvenirläden und kleinen Garküchen ragt er 36 Meter in den Himmel und ist seit Jahrhunderten eines der bedeutendsten Ziele buddhistischer Pilger aus ganz Nepal und den umliegenden Regionen des Himalajas.

Stupa von Bodnath

Das weiße Bauwerk mit den safranfarbenen Bögen und den wehenden Gebetsfahnen strahlt eine unglaublich friedliche Stimmung aus. Die großen Buddha-Augen blicken in alle vier Himmelsrichtungen. Begleitet von Mönchsgesängen und dem Singsang der Mantras umrunde ich den Stupa. Pilger in traditionellen Trachten werfen sich zum Beten auf den Boden. Riesige Gebetsmühlen werden gedreht und die Flammen der kleinen Butterlämpchen flackern im Wind.

Stupa von Bodnath

Rund um den kreisförmigen Platz reihen sich Restaurants und Cafés mit einladenden Dachterrassen aneinander. In einer kleinen Teestube mache ich es mir gemütlich und bestelle eine Tasse Chiya, einen Tee, der mit viel Milch, Zucker und Gewürzen wie Ingwer, Zimt und Kardamom getrunken wird.

Patan

Patan oder auch Lalitpur, was übersetzt so viel wie „Stadt der Schönheit“ bedeutet, ist die drittgrößte Stadt in Nepal.
Sie befindet sich wenige Kilometer südlich von Kathmandu. Getrennt werden die beiden Städte nur durch den heiligen
Fluss Bagmati.

Patan, Nepal

Ich schlendere durch die verwinkelten Gassen. Frischgewaschene Laken hängen zum Trocknen zwischen unzähligen Kabeln und Leitungen. Vor einer kleinen Garküche schnippeln zwei Frauen Gemüse, Kinder spielen an einem Brunnen und einige ältere Herren sitzen gemütlich beisammen und trinken Tee.

Nach einer Weile gelange ich zum Durbar Square, dem großen Platz vor dem alten Königspalast. Genau wie in Kathmandu befinden sich hier viele Tempel und Pagoden, die ich mir in aller Ruhe anschaue.

Gebetszeremonie in Patan

Kaum zu übersehen ist der kuppelförmige Bhai Dega-Tempel, der Shiva geweiht ist und der schöne Krishna-Tempel mit seinem achteckigen Grundriss.

Ich besichtige den Kwa Bahal, den goldenen Tempel, dessen Fassade über und über mit Holzschnitzereien und vergoldeten Motiven aus dem Buddhismus verziert ist und den Kumbheshwor-Tempel, einen der ältesten und größten Hindutempel in Patan.

Auf dem Rückweg komme ich an der Yogendra Malla Statue und der großen Taleju-Glocke vorbei und erreiche schließlich wieder meinen Ausgangspunkt vor dem Königspalast.

In Patan

Nach meinem ausgiebigen Besichtigungsprogramm habe ich Hunger und bestelle mir in einem kleinen Restaurant in einer Seitenstraße eine Portion Dal Bhat. Das nepalesische Nationalgericht besteht hauptsächlich aus Linsen und Reis. Je nach Saison und Geschmack wird es mit Gemüse, Fleisch, Fisch oder Eiern erweitert und mit Kurkuma, Chili, Ingwer oder zerlassener Yakbutter gewürzt. Ich entscheide mich für die vegetarische Variante und bekomme dazu noch ein fruchtiges Tomaten-Chutney und etwas Brot gereicht.

Bhaktapur

Meine Reise führt mich weiter in die „Stadt der Frommen“. Bhaktapur ist die kleinste und, wie ich finde, schönste der drei Königsstädte im Kathmandutal und liegt am Fluss Hanumante Khola rund 15 Kilometer östlich von Kathmandu.

Balkon in Bhaktapur

Auch hier laufe ich über den Durbar Square rund um den früheren Königspalast und schaue mir die vielen Tempel und Pagoden an.

In Bhaktapur, Nepal

Als ältester Tempel Bhaktapurs gilt der rote Pashupatinath-Tempel mit seinen erotischen Schnitzereien. Ganz in der Nähe steht der Vatsala-Tempel auf einer dreistufigen Plattform. Eine schmale Treppe, die von Löwen und Elefanten aus Stein flankiert wird, führt zum Tempel hinauf. Davor befindet sich die große Taleju-Glocke, die 1737 vor dem Tempel angebracht wurde, um die Gläubigen zum Gebet zu rufen.

Besonders schön ist das Goldene Tor (Lu Dhawka) am Eingang des wohl ältesten Palastes im Kathmandutal. Es besteht aus vergoldetem Kupfer und zeigt die zehnarmige und vierköpfige Göttin Taleju. Auch schön ist das große Wasserbecken Naga Pokhari (Snake Pond) mit den steinernen Schlangenköpfen.

Kinder in Bhaktapur

Ich schlendere zwischen den historischen Bauwerken umher und erreiche schließlich den Taumadhi Square, auf dem der höchste Tempel des Kathmandutals steht. Der imposante, 30 Meter hohe Nyatapola-Tempel mit seinen fünf Dächern wurde der hinduistischen Glücksgöttin Lakshmi geweiht, die auch das Hauptmotiv der Schnitzereien an den Dachstreben darstellt. In den Dächern zwischen den kunstvoll verzierten Holzbalken hängen Windspiele mit mehr als 500 Messingglöckchen. Im Tempelinneren soll sich eine Statue der Gottheit Siddhilakshmi Bhavani, der größten und mächtigsten tantrischen Gottheit, befinden.

Bhaktapur

Zum Abschluss bummle ich über den Töpfermarkt am Pottery Square, der nur wenige Gehminuten vom Taumadhi Square entfernt liegt. Braune und schwarze Gefäße liegen über den ganzen Platz verteilt zum Trocknen in der Sonne.
Der Geruch von nassem Ton liegt in der Luft. Töpfer sitzen vor ihren Werkstätten und drehen die dicken Töpferscheiben.
Ich bleibe eine Weile stehen und schaue dabei zu, wie ein klumpiges Stück Ton langsam Gestalt annimmt und sich in eine kleine Vase verwandelt. Dann kaufe ich noch einige Mitbringsel und mache mich auf den Rückweg nach Kathmandu.

Warst du auch schon einmal in Nepal? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

Bild Kumari #19 Unknown Photographer

Hinweis: Meine Nepal-Reise war eine private Reise, die ich selbst finanziert habe. Jedoch enthält dieser Artikel unbezahlte Werbung durch Markenerkennung/Markennennung, persönliche Empfehlungen, werbende Inhalte und/oder Werbelinks*. Mehr zum Thema Werbung auf diesem Blog kannst du hier nachlesen.

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